Die meisten von Ihnen haben vor sich eine sogenannte QWERTZ-Tastatur liegen, auf der Sie schreiben und der Meinung sind, diese Tastatur wäre gut so und hätte sich irgendwie nach ergonomischen Gesichtspunkten entwickelt. Falsch.
Schon 1932 erfand Dr. Auguste Dvorak ein Tastaturlayout, das nachweislich leichter zu bedienen und mit deutlich weniger Anstrengung und Risiko auf Sehnenscheidenentzündung zu schreiben war, sowie eine gute Erlernbarkeit zeigte. Doch seine Erfindung blieb bis zum heutigen Tage nahezu unbekannt, obwohl viele Computer sein Tastaturlayout bereits implementiert haben, man bräuchte es nur zu aktivieren (Mac, Linux, ...).
Das Umlernen eines Layouts kostet zwischen 25 Stunden und 100 Stunden Zeit, es gibt Erfahrungsberichte aus dem Netz, von Leuten, die problemlos später wieder "zurückschalten" auf ein altes Layout, wenn sie an einem Computer ohne optimiertem Layout arbeiten müssen, was etwa eine Minute Umgewöhnung kostet. Es spricht also kein rationaler Grund gegen das Erlernen eines neuen, effizienteren Layouts. Es sei denn, man ist restlos damit zufrieden, dass die Standardtastatur die eigene Tippgeschwindigkeit zwischen 50% und 75% ausbremst, zu vorzeitigen Ermüdungserscheinungen und Sehnenscheidenentzündungen führt. Was meiner Meinung nach eigentlich kaum sein kann, redet doch alle Welt von Softwareergonomie und kauft sich schnellere Rechner, während sie auf einem Tastaturlayout beharren, das 1870 konstruiert wurde, um schnelles Schreiben auf mechanischen, frühen Schreibmaschinen zu vermeiden, beziehungsweise die Tasten so anzuordnen, dass man möglichst "TYPEWRITER" auf der oberen Zeile tippen kann. Für eine derart wichtige Schnittstelle zwischen Maschine und Mensch ist sowas einfach indiskutabel, egal wie lange es "funktioniert" hat. (Erklärung findet man auf diversen Links, unten.)
Auf dieser Seite möchte ich nun ein solches Layout vorstellen, das ich als NEO-Layout bezeichne und 2004 entwickelt habe. Es gibt zwar ergonomische Layouts wie das von Dvorak (1932), Meier (1964) und andere, aber diese Layouts genügen in ihren Paradimen nicht meinen Vorstellungen. Sie sind auf fremde Sprachräume optimiert oder nicht hinreichend optimiert oder gar nach veralteten Erkenntnissen der Ergonomie. Eine sehr gute Seite zu ergonomischen Layouts findet man zum Beispiel bei Hartmut Goebel, auf einiges seiner gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ergnonomie von Layouts stützte ich mich bei meiner Entwicklung.
Mit Hilfe von kyptologischen Statistiken der Häufigkeitsverteilung der Buchstaben in der deutschen Sprache, sowie der Häufigkeit bestimmter Buchstabenfolgen und Effizienz bestimmter Tastfolgen, ergibt sich die Anordnung der Tasten auf die mehr oder weniger optimalen Plätze beinahe zwangsläufig. Da bisher existierende Layouts meistens mehrere meiner als sinnvoll erachteten Paradigmen ignorieren oder gar brechen, kam ich zum Schluss, dass die Entwicklung eines neuen Layouts Sinn macht.
Das NEO-Layout leitet sich vor allem von meinen eigenen Bedürfnissen her, die bisherigen Grenzen des 10-Fingerschreibens zu brechen und mit weniger Ermüdungserscheinungen kämpfen zu müssen, da ich selbst mich als Vielschreiber bezeichnen würde.
Noch ein wenig Statistik, mit der ich darlegen möchte, wo die Stärken des NEO-Layouts liegen im Vergleich zu anderen Layouts und wieviel Verbesserung im Schreibverhalten man erwarten kann und wo die Grenzen etwa liegen.
Zur Unterstützung der Entwicklung wurden Statistiken, die auf Hartmut Goebels Seite veröffentlichten Untersuchungen und von mir programmierte Sprach- und Wortstatistiken zur Hilfe genommen. Dabei ergab sich zum Beispiel, dass auf der Grundline einer Liste der häufigsten deutschen Worte auf der QWERTZ-Tastatur nur 75 Worte geschrieben werden konnten, auf Dvorak 1400, auf de_ergo (eMeier) rund 1600 und auf dem NEO-Design über 3600. Dabei ergab sich dieser Wert eher zufällig aus der Optimierung der statistischen Verteilung. Das Abschneiden über Worten des englischen Sprachraumes war zwar nicht ganz so klar, aber immer noch deutlich besser als die bisherigen.
Im Wikiweb findet man außerdem eine Liste der häufigsten 207 deutschen Worte, mit denen sich ebenfalls eine recht überzeugende Statistik aufstellen läßt. Diese 207 Worte ergeben zusammen rund 54% des durchschnittlich geschriebenen deutschen Textes. Die folgende Statistik zeigt, wieviel der gewichteten Worte davon mit den schnellsten Fingern geschrieben werden können. Die 50.5% der Wichtung am Ende der "NEO"-Spalte entspricht tatsächlich 189 der 207 Worte, was 91% der Worte insgesamt bedeutet, allerdings ist in der Wichtung berücksichtigt, dass die Worte zu Beginn der Liste häufiger auftreten als am Ende. Ebenfalls habe ich eine gleichverteilte Wichtung innerhalb der Gruppen vorgenommen und das Zipfsche Gesetz hier unbeachtet gelassen, die Berücksichtigung würde den Vorsprung von NEO tatsächlich nur noch weiter ausbauen, da die fehlenden Worte der ersten Gruppe fast alle im letzten Drittel der Liste liegen. Tatsächlich ist nach der deutschen Rechtschreibreform ein noch besseres Abschneiden des NEO-Layouts auf der Grundlinie zu erwarten, denn viele der Worte in dieser Liste sind noch nach alter Art mit "ß" statt "ss" geschrieben und das "ß" nach der Reform deutlich an statistischer Wichtung im Textfluss verliert.
Finger\gewichtete % Wortschatz (Worte) | NEO |
de_ergo |
de-eMeier |
Dvorak |
QWERTZ |
Grundstellung |
11,8 (23) | 11,0 (21) | 11,0 (21) | 4,7 (12) | 2,4 (4) |
+Zeigefinger
Spreiz |
21,4
(51) |
13,8
(30) |
13,8 (30) | 18,7
(43) |
2,4
(4) |
+Zeigefinger
Oben |
30,4
(83) |
26,2 (75) |
26,2 (75) | 19,0 (46) |
4,1
(10) |
+Mittelfinger
Oben |
32,8
(98) |
30,7
(105) |
30,7 (105) | 25,3
(58) |
12,7
(31) |
+Zeigefinger
Unten |
38,9 (124) |
43,6
(147) |
36,2 (125) | 31,1 (82) |
16,2
(42) |
+Zeigefinger
Spreiz Oben |
43,6 (157) | 45,2
(154) |
45,2 (154) | 32,1
(83) |
20,6
(55) |
+Zeigefinger
Spreiz Unten |
47,7 (181) | 47,0 (169) |
47,0 (169) | 33,3
(91) |
35,8 (126) |
+Ringfinger
oben |
50,5
(189) |
48,8
(184) |
48,8
(184) |
35,7
(107) |
43,3
(167) |
Zu bermerken ist, dass die Häufigkeit der Satzzeichen "," und "." hierbei unberücksichtigt bleibt und daher die Dvorak-Belegung ab dem Mittelfinger Oben etwas ungerecht schlechter abschneidet im Vergleich, vor allem zur QWERTZ. Typisch ist im übrigen auch das erbärmliche Abschneiden des verbreiteten QWERTZ-Layouts in diesem wichtigsten aller Bereiche.
Ich halte auch diese kleine Statistik für ein klares Argument
für das NEO-Design,
aber möge jeder selbst entscheiden. Wahrscheinlich ließe
sich das Layout noch auf genau diese Wortliste optimieren, allerdings
zum Preis des großen Ganzen, denn am Ende schlägt für
die Gesamtmasse des Textes wiederum die Gesamtstatistik der deutschen
Sprache zu und vor allem auf diese ist NEO optimiert. Der
Leistungseinbruch gegenüber de_ergo
im unteren
Mittelfeld beim Zeigefinger unten ist da ein typisches Beispiel
für, die wichtigsten Linien sind meiner Meinung nach die beiden
ersten Grundlinienwerte, auf der die Dvorak sich noch ausgesprochen
stark zeigt.
Für mich ist etwa das häufige Auftauchen des Wortes "Paragraph" in dieser Liste höchst suspekt, ist dies doch ein Wort, das ich meines Wissens persönlich soeben das erste mal in meinem Leben gebraucht habe. Wer die erste der drei Wortgruppen aus der Liste einfach mal durchgeht, stellt fest, dass sich die häufigsten Worte extrem einfach auf der NEO-Tastatur tippen lassen, größtenteils auf der Grundline und in einer durchgehenden Fingergruppenrichtung, was natürlich klare Geschwindigkeitsvorteile bringt. Das liegt allerdings ebenfalls nicht an einer Optimierung auf diese Wortliste, sondern daran, dass das Layout Rücksicht auf die häufigsten Buchstabenfolgen in Zweier- und Dreiergruppen ganz allgemein nimmt und zudem versucht, die Fingerlaufzeiten und Laufrichtungen nach Rohmert zu optimieren und damit höchste Tipp-Geschwindigkeiten zu erzeugen.
Die Annäherung der Werte hoch entwickelter ergonomischer Layouts zeigt allerdings auch, dass sich alle einem gewissen Maximum annähern, das keine großartigen Steigerungen mehr zuläßt.
Statistische Verteilung |
|||||||||||
20% | Q | V | L | C |
W |
K |
H |
G |
F |
J |
ß |
70% |
U |
I |
A |
E |
O |
S |
N |
R |
T |
D |
Y |
10% |
Ö |
Ü |
Ä |
P |
Z |
B |
M |
, |
. |
X |
|
4% | 8% | 9% | 26% | 27% | 13% | 8% | 5% | ||||
47% | 53% |
Zusätzlich zu dieser Belegung wurde das NEO-Layout mit einer großen Anzahl von Sonderzeichen auf der AltGR-Ebene versorgt, das vor allem das wissenschaftliche Arbeiten unterstützt. Das fängt bei Euro- und Centzeichen an, geht über viele griechische Buchstaben, skandinavische oder anderweitige Sonderzeichen und ein ausgeprägtes Dead-Key verhalten, also Tasten, mit denen Buchstaben modifiziert werden können. Es gibt Akut's, Cedille, Ogonek, Tilde oder Cirkumflex und viele weitere Zeichen und Zeichenmodifikatoren.
Die verbreiteten Tastatur-Layouts im Überblick findet man auf dieser Seite kurz zusammengestellt.
Zwar zielt das NEO-Layout auf das 10-Fingerblindschreiben, weswegen Buchstaben auf den Tasten an sich überflüssig sind, aber viele werden trotzdem gern die richtigen Buchstaben auf den Tasten haben wollen. Um dieses einfach und günstig zu erreichen, gibt es folgende Möglichkeiten, für deren erfolgreiche Durchführung ich natürlich keinerlei Verantwortung übernehmen kann. Ich persönlich habe auf die Umbenennung der Tasten meiner Tastatur einfach verzichtet, da ich ohnehin blind schreibe.
Die Tasten selbst mit einem einfachen Schraubendreher vorsichtig heraushebeln und an die neue Stelle einrasten. Das geht sehr einfach und sollte jedem gelingen. Leider sind viele moderne Tastaturen so gebaut, dass die hintere Reihe Tasten eine andere Höhe hat als die vordere, so dass es ein Holperpflaster von Tasten gibt, die alle unterschiedlich hoch sind. Bevor man also zu dieser einfachsten Möglichkeit greift, sollte man erst einmal überprüfen, ob die Tastatur dies überhaupt erlaubt. Ansonsten bleibt die zweite Methode.
Diese Methode ist etwas aufwendiger, allerdings um einiges
eleganter als die erste. Mit einem Glasradierer oder einem
ähnlichen Gerät radiert man die bislang aufgeklebten
Buchstaben auf den Tasten aus. Glasradierer bestehen aus einem kleinen
Bündel Glasfasern, die mit ihren scharfen Enden sehr präzis
und schonend die Buchstaben von den Kunststofftasten herunterhobeln.
Danach geht man bei und rubbelt neue Reibebuchstaben auf die Tasten,
solche Folienbuchstaben bekommt man in jedem gut sortierten
Schreibwarengeschäft. Diese Methode funktioniert in der Regel sehr
gut, allerdings sollten die Tasten unbedingt staub-, schmutz- und
fettfrei sein. Im Prinzip werden die Zeichen in der Fabrik auf die
selbe Methode auf die Tasten aufgetragen. Sorgfältige Arbeit sorgt
hierbei für gutes Aussehen.
Es gibt kleine Kappen für Tastaturen, sogenannte Tastenschoner. Diese Kappen werden einfach in der gewünschten Reihenfolge auf die Spitze der Tasten geklickt. Da ich diese Methode nur vom Hörensagen kenne, kann ich nichts weiteres dazu raten, auch nicht, wo man solche Kappen her bekommt.
Eine weitere Methode der Beschriftung wurde mir zugeschickt und ist hier zu sehen. Dafür werden entweder die Tasten mit Tesafilm abgeklebt und mit einem wasserfesten Stift beschriftet. Oder diese Beschriftung wird vorher ausgedruckt und dann auf die Tasten geklebt. Statt wie im ersten Bild gezeigt könnte dabei auch die Normalbelegung neben der NEO-Belegung stehen, so dass die Tasten eine einheitliche gedruckte Kuppe besitzen. Die dafür notwendige Hybrid-Vorlage ist hier ebenfalls einzusehen.
Der Tastensimulator an dem ich arbeiten wollte, der die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Ergonomie von Tastaturen in ein kleines Java-Programm packt, das einem sagt, wie schnell ein bestimmter Text mit einem bestimmten Layout durchschnittlich unter optimalen Bedingungen getippt werden könnte, ist des weiteren wegen mangelnder Notwendigkeit auf Eis gelegt und hat anderen Projekten weichen müssen. Zu erwarten sind dabei deutlich merkbare Verbesserungen des NEO-Layouts gegenüber herkömmlicher optimierter Layouts, so hoffe ich, ungefähr von der Beschleunigung wie die Dvorak gegenüber der QWERTZ-Tastatur klar schneller ist. Sobald der Simulator fertig ist, werde ich hier die exakten Ergebnisse veröffentlichen können.
Da die Designer der anderen Layouts jedoch ausgesprochen gute Arbeit geleistet haben, wäre ein solches Ergebnis keineswegs selbstverständlich und ohne ihre Leistung wäre es mir nicht möglich gewesen, das NEO-Design zu erstellen.
Neu! Mit verbesserter Linux-Version und Windows XP-Treiber
>Für den Ausdruck des Layouts habe ich eine kleine PDF-Datei vorbereitet, die man sich durch Anklicken des Links herunterladen kann. Da ich zur Zeit noch in der Entwicklung bin behalte ich mir Veränderungen am Layout vor. Zusätzlich findet man in dieser Definitionsdatei die von mir erstellten Dvorak-Layouts für die linke und rechte Hand, sowie das de_ergo-Layout von Hartmut Goebel, das eine Verbesserung des Meier-Layouts darstellt und beide gern zum Vergleich herangezogen werden können.
Damit das Lernen des neuen Layouts erleichtert wird, habe ich mir die
Mühe gemacht, eine Lerndatei für KTouch, das
KDE-Schreibmaschinenlernprogramm aus dem kdeedu-Paket herzustellen.
Dieser Schreibmaschinenlernkurs wurde aus der Vorlage
des DIN-Schreibmaschinenkurses erstellt und hält sich
möglichst nahe an diesem, während Rücksicht auf das
veränderte Layout genommen wird. Der Kurs umfasst 100 kurze
Lektionen, zusammen mit Übungen und dergleichen und endet dort, wo
die Gemeinsamkeiten des QWERTZ-Layouts und des NEO beginnen, bei den
Ziffern. Ich empfehle deshalb den Kurs mit Übungsaufgaben und
Probebriefen aus dem Lehrbuch für Schreibmaschine dort
fortzusetzen, wo dieser Kurs endet. Auf älteren Linux-Versionen
müssten die
in UTF-8 kodierten Sonderzeichen der Lehrdatei auf ISO8859-15
zurückkodiert
werden, etwa mit recode
oder iconv
.
Eine Liesmich-Datei beschreibt im Archiv noch einmal die Installation und in Betriebnahme der Tastaturtreiber unter Linux und Windows XP.
Wie man sieht, ist der Umstieg extrem einfach und schnell. Bislang sind keine Treiber für Mac, Win98 und Linux/Console verfügbar, bei Bedarf kann ich jedoch die Linux/Console-Treiber nachliefern. Für die Mac-Entwicklung bitte ich um Mithilfe, ebenso für einen Win98-Treiber (falls er erwünscht ist).
Diese Software ist unter der GNU Public Licence veröffentlich, alle Rechte vorbehalten, keinerlei Garantie.
Hanno BehrensHistorie: 27.01.2005: Version 1.00 - Neu! Jetzt auch Treiber für Windows-XP 07.03.2005: Blog eingerichtet 21.04.2005: Yahoo! Gruppe eingerichtet: NEO_Layout 29.06.2005: Internetseite neu gebaut 13.07.2005: Weitere Tastaturumbaumöglichkeit vorgestellt, Bild eingefügt
Dank gebührt Hartmut Goebel, Johannes Rumpf, Markus Hanauska, Denis Knauf, Ralf Schwuch